Segeln ist kein Dauerurlaub

Eine kurze Bilanz nach fünf Jahren Bordleben.

Die Leute stellen sich das Leben auf einem Segelboot oft vor wie in einer Postkartenidylle: türkisblaues Wasser, Cocktail in der Hand, Sonnenuntergang im Hintergrund. Und ja – das gibt’s auch. Aber was man auf Instagram und Facebook selten sieht: die Schattenseiten, die schwitzigen Nächte, und Tage, die man mit müden Augen und Werkzeug in der Hand beginnt. Da liegst du dann, klatschnass vom eigenen Schweiß, weil kein Lüftchen geht und die Luft dicker ist als am Hafenkneipen-Stammtisch. Und kaum bist du mal eingeschlafen, piepst um 3 Uhr früh der Ankeralarm – natürlich nur, um dir mitzuteilen, dass alles okay ist… oder vielleicht auch nicht. Also raus aus der Koje, Kopf im Halbschlaf, und mit Stirnlampe bewaffnet die Position checken. Dann wäre da noch die glorreiche To-do-Liste, die nie kürzer, nur länger wird. Irgendwas ist immer kaputt, meistens etwas Wichtiges. Und Salz –dieses hübsch glitzernde Zeug – frisst sich in alles rein: Kleidung, Elektronik, Nerven. 

Platz? Kaum. Privatsphäre? Fehlanzeige. Und wenn du denkst, es kann nicht schlimmer kommen, erwischt dich eine fiese Böe und du stehst tropfnass in einem Boot voller Chaos. Ach ja, und Toiletten an Bord? Sagen wir so: Wer eine Liebe fürs Basteln mitbringt, wird hier regelmäßig belohnt. Einkaufen ist übrigens auch ein Abenteuer: Proviant schleppst du oft kilometerweit durch Hitze oder Regen zurück zum Dinghi – und wehe, du hast was vergessen. Nochmal losfahren? Viel Spaß.

Segeln ist kein Dauerurlaub. Es ist ein Leben mit Wind in den Haaren, Salz auf der Haut und einer ordentlichen Portion Improvisation im Alltag. Wer damit umgehen kann, dass Romantik und Realität hier Hand in Hand gehen – manchmal sehr ruppig –, der findet in diesem Leben keine perfekte Komfortzone, aber verdammt viele unvergesslich schöne Momente.

Arnd Villwock von der Kibo